Schon im Januar – und damit bereits deutlich vor der aktuellen Situation in der Ukraine – warten der Energieversorger RWE vor einer Gasmangellage in Deutschland. Nun spitzt sich die Lage erneut zu, da Russland den Westen versucht zum Bruch der eigenen Sanktionen zu zwingen, in dem Gas- und Öl-Lieferungen nur noch in Rubel bezahlt werden sollen. Schon ist von Produktionsstopps und massiven Ausfällen in der Industrie die Rede. Zuletzt fordert bereits einige Kommunen den Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ zu aktivieren.
Aber was passiert eigentlich, wenn nicht mehr genug Gas zur Verfügung steht, um alle Verbraucher ausreichend zu versorgen?
Auf Grundlage der so genannten „Security of Supply-Verordnung“, kurz „SoS-VO“, hat Deutschland den „Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ erstellt. Danach sind bei einem (drohenden) Gasmangel drei Krisenstufen zu unterscheiden, deren Feststellung einen Pool an verschiedenen Maßnahmen eröffnet:
Frühwarnstufe: konkrete Hinweise auf eine erhebliche Verschlechterung:
marktbasierte Maßnahmen der Gasversorgungsunternehmen
Alarmstufe: Störung / außergewöhnlich hohe Nachfrage:
aktbasierte Maßnahmen der Gasversorgungsunternehmen
Notfallstufe: erhebliche Störung / außergewöhnlich hohe Nachfrage:
marktbasierte Maßnahmen der Gasversorgungsunternehmen sowie hoheitliche Eingriffsmöglichkeiten der Bundesnetzagentur und der Bundesländer
Das BMWi kommuniziert im Auftrag der Bundesregierung die jeweilige Warnstufe. Bei mehreren möglichen Maßnahmen, die in gleicher Weise geeignet sind, werden grundsätzlich diejenigen Maßnahmen gewählt, die Umwelt und Wirtschaft am wenigsten belasten.
Eine Versorgungspflicht besteht grundsätzlich nur für „geschützte Kunden“. Das sind insbesondere
- Haushaltskunden und Letztverbraucher zum Zwecke der Wärmeversorgung mit standardisierte Lastprofilen (i. d. R. Entnahme von max. 500 kWh pro Stunde und max. 1,5 Mio. kWh pro Jahr),
- Unternehmen aus dem Bereich Gesundheitsversorgung, grundlegende soziale Versorgung, Sicherheit, Bildung oder öffentliche Verwaltung,
- Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Haushaltskunden und Letztverbraucher liefern, an ein Erdgasverteilernetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind und keinen Brennstoffwechsel vornehmen können.
Weitere sensible Kunden werden formal nicht geschützt. Jedoch kann eine weitere Einordnung von Kunden nach Sensibilität Einfluss auf die Priorität des Unternehmens bei drohenden Abschaltungen haben kann.
Die Unterbrechung der Gasversorgung ist für Industriekunden damit grundsätzlich möglich, auch wenn diese das letzte Mittel darstellen sollen. Zuvor sollten Maßnahmen wie die verstärkte Nutzung von (nicht aus Gas produzierten) Strom oder die Verwendung von Ersatzbrennstoffen in Industrieanlagen und Kraftwerken.
Es muss damit gerechnet werden, das mit Blick auf den kommenden Winter die Gasversorger versuchen werden ihre jeweiligen Kunden zu kategorisieren und bereits Prioritäten festzulegen. Dazu könnte vielen Unternehmen bald ein entsprechender Fragebogen ins Haus flattern. Darin könnte u.a. gefragt werden, warum das jeweilige Unternehmen von einer Abschaltung besonders schwer betroffen wäre und warum Alternativen (z.B. Einsatz von Elektrizität oder Ersatzbrennstoffen) nicht oder nur eingeschränkt eingesetzt werden können. Auf die ausführliche und gut begründete Beantwortung, sollten sich die Unternehmen bereits jetzt einstellen.