Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum meistens erst etwas passieren muss, damit gehandelt wird? Warum erst nach einem Ereignis Vorkehrungen getroffen werden, dass die Auswirkungen von einem solchen Ereignis nicht so weitreichend sind, sollte es noch einmal eintreten? Dieser Frage wird in diesem Blogartikel nachgegangen. Um ein Risiko zu adressieren, muss es zuallererst einmal bekannt sein. In einigen Unternehmen wird dem proaktiv nachgegangen und es werden Risikoanalysen und Business Impact Analysen (Geschäftsauswirkungsanalysen) erstellt. Weshalb jedoch werden manche Risiken nicht ernst genommen oder behandelt, obwohl sie vielleicht sogar bekannt sind?
Zu Beginn soll dafür noch einmal darauf eingegangen werden, wie ein Risiko im Notfall- und Krisenmanagement definiert wird. Bei einem Risiko handelt es sich um die Eintrittswahrscheinlichkeit / -häufigkeit eines bestimmten Ereignisses mal dessen Schadensausmaß / -potential. Eingeordnet werden die verschiedenen Risiken in einer Risikomatrix, welche als Beurteilungsvorlage gilt.


Abb. 1: Risiken abgebildet in einer Risikomatrix nach Einstufung
zu jeweiligem Schadenspotenzial und Eintrittshäufigkeit

Diese Risikomatrix gilt als Grundlage für weitere Risikokategorisierung. Es ist abzulesen wie kritisch das jeweilige Risiko ist. Liegt das Risiko im roten Bereich, so sollten risikoreduzierende Maßnahmen getroffen werden, ist das Risiko Mittel, stehen dem Unternehmen verschiedene Handlungsoptionen offen. All das klingt nach einem sehr objektiven Prozess, doch ist Risiko etwas rein Objektives? Nimmt ein jeder von uns ein mögliches Ereignis als gleich gravierend war? Hat also jeder von uns die gleiche Risikowahrnehmung? Die Antwort lautet Nein, denn Risikowahrnehmung ist subjektiv. Es handelt sich hierbei um die persönliche Einschätzung von Risiken. Risikoinformationen werden von Person zu Person je nach kognitiver, emotionaler und motivationaler Bewertung unterschiedlich eingeschätzt.

Dass die Risikowahrnehmung nicht objektiv ist, soll hier anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden: für einige Personen bedeutet Motorrad fahren ein solch großes Risiko, dass es sie davon abhält auf ein Motorrad zu steigen, andere sehen darin kaum ein Risiko und wieder andere sehen das Risiko, sind aber bereit es einzugehen. Was ein weiteres Beispiel ist, um beim Verkehr zu bleiben, ist das Risiko eines Flugzeugunglücks. Rein statistisch gesehen ist es sicherer mit dem Flugzeug zu fliegen, als mit dem Auto zu fahren. Trotzdem ist oftmals die Risikowahrnehmung andersherum. Für viele bedeutet ins Flugzeug zu steigen ein viel höheres Stressniveau als die Autofahrt zum Flughafen. Auf rein rationaler Ebene ist das nicht nachvollziehbar, zieht man aber die emotionale Bewertung von einem Ereignis mit hinein, welche von Person zu Person unterschiedlich ist, so ergibt sich ein anderes Bild. Autofahren ist etwas Alltägliches, das Risiko ist uns bekannt und wir sind bereit es einzugehen. Fliegen jedoch widerspricht noch stärker der Natur des Menschen. Auch in anderen Bereichen greift eine oftmals unlogische Risikowahrnehmung. So sind Haie gefürchtet, auch wenn Attacken mit einem tödlichen Ausgang nur äußerst selten stattfinden. Die Wahrscheinlichkeit von einer herabfallenden Kokosnuss getroffen zu werden, ist höher als ein Haiangriff. Nimmt man bei beiden das höchstmögliche Schadensausmaß an, also den Tod einer Person, so ist das Risiko von einer herabfallenden Kokosnuss getroffen und daraufhin zu sterben höher, als einen tödlichen Haiangriff zu erleben. Trotzdem ruft in einem Haigebiet zu schwimmen bei den meisten eine größere Angst hervor, als unter einer Palme zu liegen.
Unter anderem ist das damit zu erklären, was für einen persönlichen Hintergrund die entsprechende Person hat. Besteht ein persönlicher Bezug oder wurden schon Erfahrungen mit diesem Risiko gemacht, so wird es als höherwertig eingeschätzt. So bewertet jemand, der eine nahestehende Person in einem Motorradunfall verloren hat das Risiko eines Motorradunfalles nach diesem Ereignis sehr viel gravierender, als es davor gewesen ist. Auch wie ein Risiko in der Öffentlichkeit dargestellt wird, beeinflusst, wie es wahrgenommen und somit wie es eingeschätzt wird. So werden u. A. in Filmen Haie als bedrohlicher dargestellt, als es Kokosnussbehangene Palmen werden.

Eben dieser persönliche Bezug ist es, warum häufig erst nach einem eingetretenen Ereignis gehandelt wird. Bestand noch kein Kontakt zu eben jenem Risiko, so wird die Eintrittswahrscheinlichkeit als geringer angesehen und folglich erscheint in der Matrix das Risiko geringer. Nachdem es zu einem Vorfall kam, besteht neben der subjektiven Relevanz auch ein Bezug zum eigenen Handeln. Auch spielt in die Risikowahrnehmung herein, wie gut sich eine Person in einem Fachgebiet auskennt und sich dementsprechend mehr mit Abhängigkeiten, Funktionalitäten und möglichen Einflüssen beschäftigt hat.
Es kann also eine erhebliche Diskrepanz zwischen einem Risiko und der Risikowahrnehmung existieren. Die Aufnahme und Verarbeitung von direktiven Sinneswahrnehmungen oder Informationen in Bezug auf die Risiken sorgen dafür, dass es nicht allein rational ist, sondern auch Unter- und Überschätzungen oder sogar eine Ausblendung von einem Risiko stattfinden kann. Der Mensch hat als Ziel die Risikoinformationen zu bewältigen, um einen Abbau von Beunruhigungen zu erreichen. Ob diese Bewältigung funktional ist, sei dahingestellt.
Um ein Risiko möglichst objektiv einschätzen zu können, lohnt es sich also einen Schritt zurückzunehmen und einen Prozess in seine Einzelteile zu zerlegen, damit alle Abhängigkeiten erfasst werden können. Das sorgt dafür, dass eine Gefährdung in seiner Komplexität zerlegt wird und somit auch kleinere Störfaktoren identifiziert werden können, die eine Auswirkung auf den Prozess haben können. Sind die einzelnen Prozesse des Unternehmens wohl definiert und verstanden lassen sich die Wahrscheinlichkeiten und Auswirkungen leichter bestimmen. Hilfreich ist auch, wenn ein Blick von außen erfolgt, damit Risiken in Betracht gezogen werden können, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind. Wie mit den einzelnen identifizierten Risiken umzugehen ist, ist abhängig von der Risikostrategie des Unternehmens. Aus einigen Risiken können sich Chancen ergeben, andere Risiken sind nicht vertretbar und müssen durch Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit des Eintritts oder die Höhe des Schadenpotentials vermindern, behandelt werden.

Wenn Sie Unterstützung bei einer objektiven Risikoanalyse mit einem möglichst vollständigen Bild erhalten möchten, dann sprechen Sie uns gerne an und kommen Sie mit uns vor die Lage!